Bessere Auslastung durch dezentrale Auftragssteuerung und -überwachung. Wie ein erfolgreiches "Digital Konkret"-Projekt des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Hamburg in Kooperation mit der Gasnetz Hamburg GmbH zu dem Schwerpunktthema "Intelligente Auftragssteuerung" aussehen kann, erfahren Sie in diesem Projektbericht.
Kurzes Unternehmensportrait
Die Gasnetz Hamburg GmbH ist ein hundertprozentiges Unternehmen der Freien und Hansestadt Hamburg und betreibt das dortige Erdgasnetz mit circa 7.900 Kilometern Länge, rund 160.000 Hausanschlüssen und fast 230.000 Kunden. Das Netz umfasst Hoch-, Mittel-, Niederdruck- und Hausanschlussleitungen sowie rund 600 Gasdruckregelanlagen. Die Steuerung und Überwachung des Netzes erfolgen über eine zentrale Leitstelle.
Ausgangslage
Der Betrieb des Gasnetzes erfordert die Wartung, die Instandhaltung und den Bau von Leitungen und Anlagen sowie die Störungsbehebung. Diese Arbeiten werden durch eigene Techniker*innen der Gasnetz Hamburg durchgeführt, welche bei Bedarf durch externe Unternehmen unterstützt werden. Die Aufträge werden über ein eigens entwickeltes Auftragssteuerungssystem eingeplant und gesteuert. Ziel ist dabei die optimale Auslastung der verfügbaren in- und externen Kapazitäten. Die Gasnetz Hamburg möchte sich diesem Ziel durch ein neues Auftragssteuerungssystem mit stärkerem mobilem Fokus und intelligenten Unterstützungsfunktionen weiter annähern. Dessen Konzeptionierung und Implementierung ist Aufgabe eines internen Projektteams. Im Rahmen der aktuellen Vorstudien-Phase wird eine Prozessaufnahme und Potentialanalyse durchgeführt. Für diesen Prozess hat Gasnetz Hamburg über Prof. Dr.-Ing. Axel Wagenitz als Leiter des Business Innovation Labs (BIL) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) die Expertise des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Hamburg angefragt. Am 8. November 2019 haben Experten des BIL einen Kurzworkshop mit dem Projektteam bei Gasnetz Hamburg durchgeführt.
Ergebnis des Workshops
Nach einer Unternehmenspräsentation durch einen Mitarbeiter des Projektteams, Herrn Daniel Frank, wurde die bestehende Planungsmethodik und die sich daraus ergebenden Herausforderungen in der Auftragssteuerung vorgestellt. Aktuell werden in bestimmten Bereichen Aufträge gebündelt an Techniker*innen gegeben, eine Rückkopplung von detaillierten Informationen aus der Ist-Auftragsbearbeitung sowie eine Abweichungsanalyse finden nur bedingt statt. Dies erschwert das Lernen aus vergangenen Planungszyklen, insbesondere für die Prognose der Bearbeitungszeiten zukünftiger Aufträge und die Nivellierung der verfügbaren Kapazitäten.
Die Experten des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Hamburg, Prof. Dr.-Ing. Axel Wagenitz und Jean Philip Zimmermann, stellten daraufhin die Vorteile einer dezentralen Auftragssteuerung als Lösungsansatz vor. Diese Art der Steuerung liegt auch dem am BIL entwickelten Konzept des Adaptiven Auftragsmanagements (ADAM) zu Grunde. Hierbei werden die zu bearbeitenden Aufträge einmal am Tag durch eine Zentrale automatisiert auf die zur Verfügung stehenden Mitarbeitenden der Technikteams verteilt. Diese führen den Plan auf einem mobilen Endgerät mit sich. Durch eine Rückkopplung der Auftragsbearbeitungs-Meilensteine (z.B. Anfahrt beendet, Kernaufgabe beendet, etc.) durch die Techniker*innen wird eine kontinuierliche Auftragsüberwachung ermöglicht. Auf dem mobilen Endgerät werden mögliche Abweichung vom Plan registriert und analysiert, ob diese die vollständige Bearbeitung der weiteren Aufträge des Teams gefährden. Nur wenn Abweichungen auch durch automatisierte Umplanungen auf Basis der aktuellen Situation nicht ausgeglichen werden können, wird dies an die Zentrale gemeldet, damit an dieser Stelle nach möglichen freien Kapazitäten in anderen Teams gesucht werden kann. Dieses Vorgehen entlastet die Zentrale und gewährt den Mitarbeitenden der Technikteams maximale Autonomie bei gleichzeitiger Transparenz.
Gemeinsam mit dem Projektteam von Gasnetz Hamburg wurde die Eignung des Konzepts zur Begegnung der beschriebenen Herausforderungen evaluiert. Der sich ergebene Datenschatten ermöglicht den Einsatz von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI), um die Auftragseinplanung auf Basis historischer Auftragsdaten zu verbessern. Insbesondere die präzise Prognose von Auftragsbearbeitungszeiten reduziert die möglichen Abweichungen auf nicht zu erwartende Ereignisse. Darüber hinaus können auf Basis der ermittelten Daten Kennzahlen zur Produktivität ermittelt werden, um den Erfolg der intelligenten Auftragssteuerung evaluieren zu können. Die Transparenz ermöglicht zusätzlich die Ermittlung von Überlastungen der Techniker*innen und dient damit auch als Entscheidungsgrundlage für Entscheidungen in der Planung.
Um Kennzahlen wie Auftragsbearbeitungszeiten, Auslastungen und Termintreue transparent zu machen und kontinuierlich zu verbessern, ist ein dezentrales Auftragssteuerungssystem das richtige Werkzeug. Ein Einsatz bei Gasnetz Hamburg hat neben den oben genannten Vorteilen auch das Potenzial, die Reaktions- und Aussagefähigkeit gegenüber Kund*innen zu erhöhen. Für eine Implementierung müsste ein digitales Modell der gesamten Leistungserbringungs-Umgebung, insbesondere der Ressourcen, Fähigkeiten, Aufträge, Arbeitspläne und Stücklisten, erstellt werden. Die Mitarbeitenden im Technikteam müssten mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden, über die sie zu jeder Zeit den aktuellen Plan angezeigt bekommen und über Quittierung von Auftragsbearbeitungs-Meilensteinen die nötigen Informationen über den Bearbeitungsstand und Kapazitätsbedarf beisteuern.
„Durch die Hilfe der Expert*innen des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Hamburg konnten wir uns exzellente Anregungen für die Lösung unserer Herausforderungen holen. Eine transparente Auftragsplanung und -steuerung hilft nicht nur uns bei unserer Personal- und Einsatzplanung, sondern auch unseren Kund*innen, die wir noch frühzeitiger und detaillierter informieren können. Außerdem ermöglicht sie uns eine bessere Einbindung unserer externen Dienstleister in die Gesamtplanung.“, zieht Daniel Frank Fazit. Das entwickelte und evaluierte Konzept kann nun durch Gasnetz Hamburg weiter detailliert und umgesetzt werden, um die aufgezeigten Potenziale zu heben und damit ihre Produktivität zu steigern.
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