Unternehmensbeispiel aus dem Handwerk
Schon seit 1931 versorgt die Herbert Herford GmbH, nicht nur regional sondern auch überregional, seine Kunden mit umfassenden Dienstleitungen im Bereich der Elektrotechnik. Von der Planung und Realisierung von Projekten der Elektrotechnik, Beleuchtung, Datennetze, Sicherheitstechnik bis hin zu Multimedia und Kommunikation reicht das breite Spektrum des Hamburger Handwerksbetriebs.
Rund 33 Mitarbeiter, Auszubildende und Zeitarbeitskräfte unterstützen den projektabhängigen Tagesbetrieb. So sind täglich mehr als 30 Mitarbeiter im Büro und auf Montage tätig. Im Jahr 2000 übernahm Sven Boevelka die Geschäftsführung und verhilft seitdem dem Betrieb zu einem kontinuierlichen Wachstum. Wachstum bringt aber auch immer Veränderung und neue Anforderungen an Mitarbeiter und Auftragslagen mit sich. Auch bei der Herber Herford GmbH, haben sich in den vergangenen Jahren Strukturen und Prozesse entscheidend verändert. Im Enddefekt sei es immer noch eine handwerkliche Leistung, die der Betrieb erbringt, meint Boevelka, allerdings sei es komplexer geworden. Ging der Entscheidungsprozess beim Auftraggeber damals noch per Handschlag, sei dies heute langwierig. Mehrheitlich sind Architekten und Elektroplaner eingebunden, die zwischen dem Auftraggeber und dem Handwerk vermitteln.
Eine einschlagende Veränderung für den kleinen Handwerkbetrieb: die Erfindung der E-Mail - ein „Quantensprung“ in Bezug auf Informationsschnelligkeit und -dichte. Seitdem haben sich verschiedene Prozesse und Vorgehen entscheidend verändert und die digitale Transformation hat Einzug erhalten. Heute liegen im Betrieb bereits recht viele Informationen, wie Datenblätter oder Zeichnungen, in digitaler Form vor. Diese Verdichtung der Informationen verlangt von einem Betrieb ein gutes Informationsmanagement und vor allem eine relevante Filterung der wichtigen Informationen.
Nicht nur im Büro, sondern auch auf der Baustelle gab es Änderungen im Zuge der neuen digitalen Technologien. Hatte der Monteur vor zehn Jahren noch acht Stunden Zeit für die reine Montage, sind es heute nur noch 7,5 Stunden. Die restliche halbe Stunde dient ausschließlich der Dokumentation von Arbeitszeiten und dem Aufmessen der abrechnungstechnisch relevanten Arbeiten. Viele Prozesse sind durch die Digitalisierung effizienter geworden: Rechnungslegung, Nachkalkulationen, Rechnungseingang per ZUGFeRD und digitale Zeiterfassung.
Das Projektmanagement findet im Betrieb Herbert Herford GmbH seinen Platz in allen Kunden- und Montageaufträgen. So bezeichnet Herr Boevelka jeden Auftrag als ein einzelnes Projekt: von der Angebotserstellung über Auftragserteilung, der Planung von Material- und Personal, der Abstimmung zwischen den Gewerken, die in einem Objekt tätig sind (sowohl in der Vor- als auch Nacharbeit), der Rechnungserstellung und Nachkalkulation bis zur Dokumentation. Der Prozess sei hierbei im Grunde immer deckungsgleich, erklärt der Geschäftsführer, aber der jeweilige Informationsfluss, beteiligte Akteure und die Ausgestaltung sind jeweils individuell. Somit ist der Prozess in den Projekten kein Fließbandprodukt: „Jedes Projekt ist ein Prototyp“. Kernfrage des Bauleiters und Elektrotechnikers ist immer: „Was muss wann wo sein?“.
Vor jedem Auftrag wird der Ablauf abgestimmt: Taktung der Baustelle, Reihenfolge der Gewerke, Ausführung der eigenen Leistungen nach Dauer und Reihenfolge. Hierzu wurden die Mitarbeiter von Elektro Herbert Herford GmbH hinsichtlich der Kompetenzen eines Bauleiters geschult: Je nach Auftrag beginnt man an der einen oder anderen Stelle, die Gewerke kommen unterschiedlich zum Einsatz. Die Planung und Taktung der Baustelle weichen oftmals von den tatsächlichen Abläufen ab. Der Betrieb und speziell die Mitarbeiter in der Montage müssen dennoch alle Schritte im Auge behalten. Hierfür wird regelmäßig Rücksprache mit der Planung und auch den eingesetzten Gewerken gehalten. Diese Nachsteuerung und Aktualisierung sowie die Rückmeldung zum aktuellen Status quo und der Änderungen in der Planung sind ein wichtiger Bestandteil des flexiblen Projektmanagements im Betrieb.
Diese Agilität bietet für den Betrieb nach Aussagen von Herrn Boevelka viel Entwicklungspotenzial: „Kosteneinsparungen, durch Zeiteinsparungen“. Je größer eine Baustelle und der angebundene Auftrag sind, desto mehr Optimierungsbedarf besteht zwischen der Planung und den realen Bauabläufen. Um diese Brüche möglichst gering zu halten, absolvierte Herr Boevelka im Jahr 2017 ein internes Praktikum auf den Baustellen seines Unternehmens. Er, der sonst in der Planung tätig ist, Bauvorhaben oft schon mehr als ein halbes Jahr vorab begutachtet sowie Angebote und Vorhabensbeschreibungen erstellt, bekam vor Ort mit den Monteuren einen guten Einblick darüber, was eine Konzeption in Hinblick auf reale Umsetzung tatsächlich ausmacht und wie Vorgaben real angepasst werden sollten. Diese Eindrücke haben ihn nachhaltig geprägt und das Bestreben allzeit „maximal genau zu planen und dynamisch zu bleiben“ noch bestärkt.
Unterstützt wird der Betrieb durch eine Planungssoftware, die tagesaktuell Abgleiche darstellt. Sämtliche Daten mit Terminen, Fortschritten und weiteren Aktivitäten sind für alle Mitarbeiter einsehbar. Mit dem Software Tool, welches explizit für Elektro-Fachleute und –Planer entwickelt wurde, projektiert der Betrieb die komplette elektrotechnische Gebäudeausrüstung. Gleichzeitig liefert die Software eine umfassende und rechtssichere Dokumentation. Dazu gehören integrierte Prüfberichte und -protokolle. Die integrierten Datenbanken halten intelligente Bauteile, Symbole, Makros und Herstellerdaten bereit. Die Software bietet eine vollständige Kabelberechnung. Zur Verfügung steht die Leitungsberechnung unter Beachtung der Verlegeart, Kabelhäufung und Temperatur sowie die Leerrohrberechnung, Kurzschlussstrom- und Spannungsfallberechnung zur Kontrolle der zulässigen Leitungslängen.
Die Berechnungsergebnisse werden dabei in Reporten ausgegeben. Auch die Ausgabe einer Kabelzugliste für die Montage ist möglich. Automatismen und die systemeigene Intelligenz machen die Planung und besonders die Berücksichtigung von Planungsänderungen sehr komfortabel. Integrierte automatische Berechnungs- und Prüffunktionen sorgen für die nötige Sicherheit und Fehlerfreiheit. Besonders interessant sei das Planungstool für die Dokumentation und 3D-Ansichten. Checklisten vereinfachen viele Prozesse, die im Betrieb immer identisch laufen. Formulare sind bei der Software im Betriebsdesign.
Weiterhin nutzt der Betrieb eine Handwerkersoftware, welche modular aufgebaut ist. Dieses integrierte ERP-System stellt eine Komplettlösung für das gesamte Unternehmen dar. Alle nötigen Teilsysteme für die einzelnen Unternehmensbereiche wie Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Anlagenwirtschaft, Personalwesen, Finanz- und Rechnungswesen sind in einer einzigen Software vereint. Seit 2014 nutzt der Betrieb dieses System. Hierüber sind auch Leistungskataloge mit knapp 900.000 Artikeln eingebunden.
Die Mitarbeiter werden beim Betrieb an allen Stellen eingebunden. Als 2014 die Unternehmenssoftware auch für den Montagebereich eingeführt wurde, hatte Herr Boevelka die Idee, „das größte Problemkind“ von Beginn an als erstes einzubeziehen. Das war der älteste Mitarbeiter, der als Kundendienstmonteur am wenigsten technikaffin war. Dieser Weg war genau richtig. Gemeinsam wurde die Software ausgetestet und angepasst: „Software auf den Betrieb einstellen, nicht andersrum“ war hierbei der Leitsatz. Später bei der Implementierung auf den ganzen Betrieb diente dieser Mitarbeiter als Multiplikator. Wichtig war Herrn Boevelka, den Mehrwert und die Vorteile auch aus Mitarbeitersicht aufzuzeigen: „Wir haben etwas gefunden, was allen die Arbeit erleichtert“. Diese moderne Unternehmenskultur in Bezug auf agiles Projektmanagement in diesem Betrieb zeigt, wie modernes Projektmanagement gelingen kann.
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